"Der Erfolg bedingt sich gegenseitig"
Gernot Tripcke über das WM-Silber des DEB, die Rolle der PENNY DEL und die Nachwuchsarbeit in Deutschland
Die deutsche Eishockey Nationalmannschaft hat bei der Weltmeisterschaft 2023 in Finnland und Lettland sensationell die Silbermedaille gewonnen. Ein absoluter Achtungserfolg, schließlich ist es das erste Edelmetall für eine deutsche Auswahl seit 70 Jahren. Der Erfolg ist aber auch ein Beweis dafür, dass sich der Kufensport in Deutschland auf einem stetigen Aufwärtskurs bewegt: Erst die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 2018 und jetzt auch bei der Weltmeisterschaft. Doch wie nachhaltig sind diese Errungenschaften? Welche Rolle spielt dabei die PENNY DEL? Darüber haben wir mit Gernot Tripcke, dem Geschäftsführer der Deutschen Eishockey Liga gesprochen.
Silber bei Olympia 2018, jetzt Silber bei der WM. Das sind unglaubliche Erfolge für das deutsche Eishockey. Meinst Du, dass wir in Deutschland in den kommenden Jahren auch mal auf eine Goldmedaille hoffen dürfen?
Gernot Tripcke:Ich glaube, da spielen viele Faktoren eine Rolle. Es kann genauso gut sein, dass wir mal wieder Fünfter in der Gruppe werden und das Viertelfinale verpassen. Bei dieser WM haben wir gesehen, dass Freud und Leid sehr eng zusammenliegen können. Die Jungs hatten nach den ersten drei Spielen, die sie leider knapp verloren haben, sieben k.O.-Spiele am Stück. Da hätte jede Niederlage oder sogar jedes Unentschieden nach 60 Minuten fast für das Aus sorgen können.
Außerdem ist es bei der Nationalmannschaft auch immer ein bisschen Lotterie, wenn es um die Zusagen der Spieler geht. Aber das Gute ist, dass wir in der PENNY DEL inzwischen eine Breite haben, aus der der Bundestrainer schöpfen kann. Da entstehen dann auch mal Diskussionen: „Warum ist dieser oder jener Spieler nicht mitgenommen worden?“ Es wird gute Gründe gegeben haben, warum der Bundestrainer keinen der fünf, sechs deutschen Topscorer dabeigehabt hat. Das ist ein Luxusproblem, das nochmal zeigt, was wir für eine Auswahl haben. Wenn da dann das ein oder andere NHL-Team in den Playoffs weiterkommt und begehrte Jungs nicht zur Nationalmannschaft kommen können, dann sind mittlerweile eben andere Spieler aus der PENNY DEL da, die in die Bresche springen.
Ist der Erfolg der Nationalmannschaft also auch ein Erfolg für die PENNY DEL?
Gernot Tripcke:Das bedingt sich sicher gegenseitig. Natürlich sind unsere erfahrenen Spieler und die NHL-Spieler das Korsett, aber wir haben es schon 2018 in Pyeongchang gesehen, wir haben es bei den letzten beiden Weltmeisterschaften gesehen: es sind auch immer 20 Spieler aus der PENNY DEL dabei. Das ist der Beweis dafür, dass sich unsere Liga nicht verstecken muss, weil das Niveau entsprechend hoch ist und die Spieler international sehr gut mithalten können. Und das liegt nicht zuletzt an den Nationalspielern, denn ich glaube, unsere Mannschaften werden wegen ihrer deutschen Spieler Meister. Dabei ist es wichtig, dass diese Spieler im Ligabetrieb gefordert werden, dass sie starke Gegner haben. Dafür ist es wichtig, dass das Level in der Liga allgemein hoch ist. Dazu bedarf es einer guten Mischung deutscher und ausländischer, erfahrener und junger Spieler. Damit auch die „kleineren“ Clubs wettbewerbsfähig sind.
Du sprichst die Wichtigkeit der jungen Spieler an. Hat sich auch die Einführung der U23-Regel ausgezahlt?
Gernot Tripcke:Ganz sicher. Wojciech Stachowiak ist hier ein gutes Beispiel. Er hat auch von der U23-Regelung profitiert und sich toll entwickelt, jetzt sehr stark in der Nationalmannschaft gespielt. Bei der Vizemeisterschaft des ERC Ingolstadt hat er eine wichtige Rolle gespielt und auch bei der WM war er wieder sehr auffällig, so dass jetzt darüber gesprochen wird, ob er nicht sogar für NHL-Teams interessant ist. Das ist dann ein Mosaik, wo wir dank der guten Arbeit der Clubs am Ende auch die Nationalmannschaft und natürlich auch die Spieler profitieren.
Eingegriffen wurde auch bei der Nachwuchsarbeit. Das 5-Sterne-Programm bietet den Clubs einen größeren Anreiz, die Nachwuchsarbeit auszubauen. Wie bewertest Du den Einfluss des Programms?
Gernot Tripcke:Uli Liebsch, unser Nachwuchskoordinator hat da herausragende Arbeit geleistet. Der Nukleus ist bei uns in der Liga entstanden. Es wurden sich die Best-Cases in Skandinavien angesehen und geschaut, was sich davon auf Deutschland übertragen lässt. Seither wird die Ausbildung besser und die Liga wird besser. Viele Jungs, gerade die jüngere Generation, die haben schon von davon profitiert. Ein Peterka, Lukas Reichel und Moritz Seider haben noch ein, zwei Jahre in der PENNY DEL gespielt, anstatt direkt den Weg nach Nordamerika zu gehen, wie es vielleicht noch Leon Draisaitl und Philipp Grubauer damals gemacht haben. Von daher zeigt das schon die Wertigkeit. Die PENNY DEL ist ein Sprungbrett für die NHL. Bei all dem Erfolg, den die A-Nationalmannschaft zurzeit hat, sollten wir weiterhin nicht den Blick in den Juniorenbereich auslassen.
U18 und U20 sind immer Jahrgangsmannschaften. Da kann es auch mal sein, dass man mit drei, vier sehr guten Jungs einiges rausreißt. Zugegeben, da haben wir in den letzten Jahren auch sehr von Spielern wie Seider oder Stützle profitiert. Es ist wahrscheinlich, dass uns in den Jahrgängen 2004 und 2005 die Superstars fehlen werden. Bei einem Turnier, bei dem nur die acht bis zehn Top-Nationen mitspielen, ist das entscheidend. Andererseits sind inzwischen schon in der U20 viele DEL-Spieler, was noch vor einigen Jahren undenkbar war. Was den Nachwuchs für die DEL angeht, da sind wir also besser aufgestellt denn je.
In Tampere wurde zudem Ende der letzten Woche entschieden, dass die WM 2027 nach Deutschland kommt. Wie verlief der Bewerbungsprozess aus deiner Sicht?
Gernot Tripcke:Dass wir die WM 2027 bei uns in Deutschland ausrichten, ist sensationell. Ich bin davon überzeugt, dass das nochmal einen richtigen Schub geben kann. Die Bewerbungsphase lief aus meiner Sicht sehr professionell und gut, wir haben da auch sehr eng mit dem DEB zusammengearbeitet. Das wollen wir auch im Hinblick auf die kommenden Monate und Jahre tun, dazu wird es Gespräche geben.
Christoph Ullmann und Hannah Hummel, eine deutsche Journalistin, haben vor Ort das Konzept für die WM 2027 präsentiert. Und wurde zugetragen, beide hätten es sehr gut gemacht.
Gernot Tripcke:Ich würde fast sagen, beide haben es sensationell gut gemacht. Das war wirklich eine ganz tolle, vor allem emotionale und mit Leidenschaft versehene Präsentation. Im gesamten Saal hat man gemerkt, wie gut es ankam. Man weiß ja am Ende nicht, wer wie abgestimmt hat. Ich bin aber sicher, dass ganz viele Nationen davon sehr positiv angetan waren.