\"Ein zweiter Hauptschiedsrichter ist unabdingbar\"

DEL.org traf Holger Gerstberger zum Interview. Im Gespräch erklärt der DEL-Schiedsrichterbeauftragte, der gemeinsam mit Stefan Trainer für die Referees in der DEL verantwortlich ist, die Hintergründe für das Vier-Mann-System, dass ab der neuen Saison in allen DEL-Spielen zum Einsatz kommt. Außerdem äußert sich der 44-Jährige zur Entwicklung des Schiedsrichterwesens in Deutschland.

Herr Gerstberger, die DEL geht am Freitag in ihre 19. DEL-Saison inklusive vieler Neuerungen. Das wichtigste aus Fan-Sicht ist sicherlich der Fernsehvertrag mit Servus TV und LAOLA1.tv, der Eishockey im Free-TV ermöglicht. Was gibt es auf Seiten der Schiedsrichter an Änderungen?

Zunächst einmal muss ich sagen, dass ich mich sehr über den TV-Vertrag freue. Das wird das deutsche Eishockey sicherlich nach vorn bringen. Aus unserer Sicht ist die Einführung des Vier-Mann-Systems in allen Spielen der wichtigste Aspekt. In den letzten Jahren wurde nur ein Spiel pro Spieltag, die letzten vier Spieltage und die Playoffs mit vier Schiedsrichtern geleitet. Finanziell ist der neue Modus sicherlich eine Mehrbelastung, aber sportlich sehr gut für das Spiel.

Bitte erläutern Sie das näher.

Das Eishockey hat sich in den letzten Jahren sehr stark entwickelt, ist viel intensiver, die Spieler sind schneller und athletischer geworden. Ein Augenpaar kann das kaum noch so verfolgen, wie es nötig wäre. Aus dieser Sicht ist ein zweiter Hauptschiedsrichter unabdingbar. Wir wollen das technische Eishockey fördern. Den Grundstein haben wir mit der Änderung der Regelauslegung vor wenigen Jahren gelegt. Haken, Halten und Behinderung wurden wieder stärker geahndet. Letztlich war es nur eine Rückkehr zum Text des Regelbuches. Mit dem Vier-Mann-System können wir jetzt auch die Umsetzung besser gewährleisten.

Was ist mit dem Körperspiel. Von den Fans ist immer wieder Kritik zu hören, dass zu viele Checks aus dem Spiel genommen werden.

Zu diesem Thema muss ich eines vorweg sagen: Checks sind im Eishockey das Salz in der Suppe. Wir wollen Körperkontakt nicht unterbinden – dieser soll nur den Regeln entsprechen. Wir haben in den letzten Jahren bei den Teams, Spielern und Trainern eine Sensibilität dafür erreicht. Speziell die Attacken gegen den Kopf, von hinten oder im Bandenbereich sind extrem gefährlich – das hat die Vergangenheit gezeigt.

Stichwort Check gegen den Kopf. Ab der neuen Saison wird nach jedem Check gegen Kopf ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Das Stimmt. Selbst wenn auf dem Eis zunächst nur eine kleine Strafe nebst automatischer zehnminütiger Disziplinarstrafe verhängt wurde, muss der Schiedsrichter das Video und eine Stellungnahme an das DEL-Büro schicken. Wir haben in den letzten Jahren immer wieder gesehen, dass sich Verletzungen erst nach dem Spiel oder Tage später gezeigt haben. Es geht darum, die Spieler zu schützen und die notwendige Sensibilität dafür zu entwickeln. Und zwar bei allen Beteiligten. Auch wenn ich mich wiederhole: Checks gegen den Kopf sind sehr gefährlich und können schwere Verletzungen nach sich ziehen.

Kommen wir zu einem anderen Punkt. In deutschen Arenen genießen Schiedsrichter nur wenig Akzeptanz. International sieht das anders aus. Bei der vergangenen Weltmeisterschaft haben deutsche Schiedsrichter das Halbfinale erreicht…

…und nicht nur das. Mit Georg Jablukov, Daniel Piechaczek und Lars Brüggemann waren gleich drei DEL-Schiedsrichter beim NHL-IIHF-Camp, das als Vorauswahl für die olympischen Spiele gilt. Zudem ist Lars Brüggemann derzeit beim NHL-Camp in Nordamerika. Diese Einladung ist eine Auszeichnung für das deutsche Schiedsrichterwesen!

Lars Brüggemann, Georg Jablukov, Daniel Piechaczek oder Stephan Bauer, um nur einige zu nennen, kommen aus dem Trainee-Programm. Hier werden junge Schiedsrichter intensiv gecoacht und innerhalb von drei Jahren an die DEL herangeführt. Ein Erfolg?

Absolut. Grundlage ist unser Ausbildungskonzept, dass wir seit Jahren mit dem Schiedsrichterausschuss praktizieren. Darauf baut das Trainee-Programm auf. Sehr viele der aktuellen Schiedsrichter sind aus dem Trainee-Programm hervorgegangen und das ist auch dringend nötig, denn die ältere Schiedsrichtergeneration wird irgendwann aufhören und dann hätten wir ein Problem gehabt. Auch international bekommen wir, zum Beispiel aus Österreich oder der Schweiz, immer wieder Fragen zum Trainee-Programm.

Zum Abschluss des Interviews noch ein Satz der Schiedsrichter zur neuen Saison?

Wir freuen uns alle auf die neue Spielzeit 2012-2013, sind sehr gut vorbereitet und es wird jetzt Zeit, dass es wieder losgeht.

Herr Gerstberger, wir danken für das Gespräch.

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