Geschichten aus 20 Jahren DEL
Das Jubiläumsbuch \"20 Jahre DEL“ dokumentiert zwei Dekaden Profi-Eishockey in spannenden Stories und eindrucksvollen Bildern. Auf del.org stellen wir fortan jeden Dienstag und Freitag die „Köpfe“ der Liga in Auszügen aus dem 240 Seiten starken Werk vor.
Unser Appetit-Happen heute: Bernd Römer, Gitarrist der Band „Karat“ und Edelfan der Eisbären Berlin, der seine Bauchschmerzen bei einer Bitte der Eisbären erklärt!
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Sie kamen aus der DDR und waren im vereinten Deutschland anfangs nicht wettbewerbsfähig. Aber der Dynamo-Nachfolger Eisbären Berlin hat sich zum Rekordmeister emporgespielt – sehr zur Freude von Karat-Gitarrist und Edelfan Bernd Römer, der sich selbst zu einer Art Glücksbringer für die Eisbären entwickelt hat.
Bernd Römer weiß noch, wie er mit seiner Frau im Restaurant saß und das Telefon klingelte. Damals, im April 2005. Wahrscheinlich haben sie auch über Eishockey geredet, über das große Finale am nächsten Tag, aber das weiß Bernd Römer dann doch nicht mehr so genau. Am Telefon war jedenfalls ein Mitarbeiter der Berliner Eisbären. „Sage mal Bernd, kommst du morgen zum Spiel?“ Blöde Frage. Bernd Römer kommt zu jedem Spiel der Eisbären, wenn er nicht gerade auf Tour ist mit seiner Band Karat, sie genießt im Osten Deutschlands ähnliche Popularität wie die Eisbären. Da wird er doch das große Finale nicht verpassen, es geht gegen Adler Mannheim und die Eisbären wollen unbedingt zum ersten Mal Meister werden. „Natürlich bin ich dabei“, sagt Römer. Am anderen Ende freut sich der Mann von den Eisbären und sagt: „Bring doch bitte deine Gitarre mit“, sie hätten da einen Job für ihn: „Wäre toll, wenn du die Nationalhymne für uns spielst!“
Bernd Römer hat erst einmal geschluckt. Nein, dieser Anruf war nicht der Anfang einer wunderschönen Freundschaft.
Mit Einigkeit und Recht und Freiheit war das nicht so einfach im Ost-Berliner Wellblechpalast. Im Plattenbaubezirk Hohenschönhausen sind die Eishockeyfans nie einfach nur Berliner gewesen. Sondern Ost-Ost-Ost!-Berliner, so brüllen sie das bei den Eishockeyspielen wie eine Art Glaubensbekenntnis. Die ersten Jahre der Nachwendezeit, sie haben den Menschen im Osten zu schaffen gemacht. Staat weg, Job weg, Perspektive weg. Also haben sie sich in Hohenschönhausen eine Mini-DDR gebastelt, in der die Eisbären immer noch Dynamo heißen, die Puhdys „Alt wie ein Baum“ singen und das Publikum den Gewinn des FDGB-Pokals einfordert. Wenige hier haben Anfang, Mitte der 1990er-Jahre die Absicht, eine Mauer abzubauen. Es hat dann mal in Hohenschönhausen ein Länderspiel gegen Finnland stattgefunden, die Hymne ist vom Band gekommen und reichlich Ost-Ost-Ost!-Berliner pfiffen sich die Seele aus den Ost-Ost-Ost!-Berliner Kehlen. Das hat einen schönen Ärger gegeben mit dem Deutschen Eishockey-Bund – und seitdem bis heute kein Länderspiel mehr in Hohenschönhausen.
Also sagt Bernd Römer zu dem Mann am Telefon: „Du spinnst!“
Aber dann lässt er sich doch breit schlagen, eine Nacht drüber zu schlafen. Später am Abend schaltet Bernd Römer den Fernseher ein. Es läuft eine Dokumentation über deutsche Kriegsverbrechen im Osten. Soldaten marschieren im Stechschritt durch das Konzentrationslager Auschwitz, vorbei an toten Frauen und Kindern, im Hintergrund läuft die Nationalhymne. „Deutschland, Deutschland, über alles!“ Bernd Römer sagt sich: „Nein, das kannst du nicht machen. Du kannst dieses Lied nicht spielen!“, auch nicht die dritte Strophe, den Unterschied hört eh keiner im Stadion. Dann geht er ins Bett, und es wird keine leichte Nacht. Prinzipien hin, Prinzipien her, es geht immerhin um die Meisterschaft. Um die erste für die Eisbären, seine Eisbären, und kann, soll er da nicht vielleicht doch eine Ausnahme machen?
Komplett nachzulesen in „20 Jahre DEL – Dynamisch. Emotional. Leidenschaftlich.“ Zu beziehen im Online-Shop der EishockeyNEWS und den Fanshops der 14 DEL-Clubs.