Hinter den Kulissen: Der Aberglaube im Eishockey
Aberglauben gibt es in fast allen Sportarten. Ist im Eishockey nicht anders. Manche Spieler haben ihr eigenes Ritual vor den Spielen. Der eine zieht sich die Ausrüstungsgegenstände erst links an, der andere rechts. Manch einer geht vor dem Spiel kalt duschen, der nächste verlässt das Eis nach dem Warmspielen erst als Letzter. Es gibt zahlreiche und lustige Geschichten, die allesamt zeigen: Eishockey hat auch etwas Spirituelles. In gewisser Weise zumindest.
Bleiben wir beim Verlassen des Eises nach dem Warm-up. Es gab schon minutenlange “Duelle” zwischen den jeweils Letzten der beiden Teams, die einsam um das eigene Tor kreisten, die Zamboni scharrte schon mit den Hufen, aber keiner wollte zuerst das Eis verlassen.
Legendär das Conference-Finale 1987 zwischen Montreal und Philadelphia. Claude Lemieux von den Canadiens hatte sich angewöhnt, am Ende des Aufwärmens den Puck quer über das Eis ins gegnerische Tor zu schießen. In Spiel Sechs verhinderte der Ersatzgoalie der Flyers dieses Manöver, Lemieux rastete aus, andere Spieler kamen aufs Eis zurück und einer der legendärsten Warm-Up-Brawls in der NHL-Geschichte brach aus. Die Flyers gewannen das Spiel, die Serie und zogen ins Stanley-Cup-Finale ein.
Der Aberglaube macht aber auch vor dem wichtigsten Utensil nicht halt: den Eishockey-Schlägern. Auch in der DEL gibt es Akteure, die beispielsweise nach dem Tapen nicht mehr berührt werden dürfen. Das käme einer Entweihung gleich – und bringt „Pech“. Andere Spieler bestehen darauf, dass der Betreuer die Schläger in ein und immer der gleichen Reihenfolge auf die Spielerbank bringt.
Colby Armstrong erzählt gerne eine Anekdote aus seiner Zeit bei den Pittsburgh Penguins: Als er versehentlich vor dem Spiel an einen von Sidney Crosby vorbereiteten Schläger stieß, sprang dieser wütend auf und drohte ihm Prügel an. Mannschaftskameraden gingen dazwischen und Crosby tapte seinen Schläger komplett neu. Crosby möchte auch an Spieltagen nicht mit seiner Mutter reden, da er sich nach Telefonaten mehrfach im darauffolgenden Spiel verletzt hatte.
Ausrüstungsgegenstände können ohnehin heilig sein. Ob der Tiefschutz, das T-Shirt, der Brustschutz, die Socken oder die Unterwäsche - hat ein Spieler einmal den Glauben daran gefunden, dass ihm etwas Glück bringt, dann wird das über Jahre getragen, wenn es zerfetzt und kaputt ist, irgendwie geflickt und repariert, nur damit man mit diesem, seinem Glücksbringer auflaufen kann. Bei Trainern ist es gerne eine Glücks-Krawatte.
Weitere Beispiele gefällig? Joe Nieuwendyk aß vor jedem Spiel zwei Toasts mit Erdnussbutter, Wayne Gretzky präparierte seine Schläger mit Babypuder. “The Great One” hat aber noch mehr zu bieten. Er ging auswärts nie zum Frisör und trank in jedem Training – in dieser Reihenfolgen – eine Cola light, ein Glas Eiswasser, ein Gatorade und noch eine Cola light, aber erst, nachdem er auf dem Eis war und einen Schuss rechts am Tor vorbei setzte.
Die Play-Offs sind die Hochsaison im Eishockey und damit natürlich die Hochzeit für den Aberglaube. Am deutlichsten zeigt sich das an den Playoff Bärten, die vor allem in Nordamerika gepflegt und verehrt werden. Nach dem Motto “Wer rasiert, verliert!” wird sich nach Ende der Hauptrunde bis zum Ausscheiden aus den Play-Offs – oder dem ersehnten Titelgewinn – nicht mehr rasiert.
In den Playoffs nimmt man sich auch die Freiheit heraus, Rituale neu zu erfinden. Gewinnt eine Mannschaft ein Auswärtsspiel, wird der nächste Trip zum Playoff-Gegner auf genau die gleiche Art und Weise geplant. Bedeutet: Gleiche Strecke, gleiches Essen, gleiches Hotel, gleiche Zimmerbelegung. Es soll schon Beispiele gegeben haben, wonach versehentlich zum nächsten Auswärtsspiel ein anderer Busfahrer eingesetzt werden sollte – woraufhin der Bus nicht los fuhr, bis der Busfahrer aus dem siegreichen Spiel hinter dem Lenkrad saß.
All diese Beispiele zeigen, wie herrlich „bekloppt“ der Eishockeysport ist. Genau das sind die Dinge, die die Fans lieben. Fortsetzung folgt.
Quelle: starting6.de