Hinter den Kulissen: Red Army - Legenden auf dem Eis
Interview mit Regisseur Gabe Polsky
In diesem Film des russisch-stämmigen Regisseurs Gabe Polsky wird die Bedeutung von Eishockey für das kommunistische Regime in der damaligen UdSSR dokumentiert. Im Vordergrund dabei der jetzige Sportminister Russlands Slava Fetisov, einst der weltbeste Verteidiger, dessen Werdegang mit all seinen Facetten vom Nationalhelden bis hin zum politischen Feind nachgezeichnet wird.
In Zusammenarbeit mit der Weltkino Filmverleih GmbH, stellte sich der Regisseur den Fragen von Eishockey NEWS.
Herr Polsky, welche Intention hatten Sie mit dem Dreh von „Red Army“?
Gabe Polsky: „Ich bin der Sohn sowjetischer Immigranten, geboren in den USA. Ich wuchs auf mit dem Traum, in der NHL zu spielen. Als ich eine Videokassette in die Hände bekam und die Sowjets das erste Mal spielen sah, war das eine Art religiöses Erlebnis. Es war der pure Sport, voller Kunst und Kultur. Es war das Gegenteil von dem Hockey, das in Nordamerika gespielt wurde. Unser Hockey – in einer vermeintlich freien Gesellschaft – war einengend und begrenzte die Freiheit der Spieler. Das hat mich neugierig gemacht auf meine Herkunft und führte mich zu der Geschichte der Roten Armee und der sowjetischen Nationalmannschaft. Eine gewaltige, emotionale und unterhaltsame Geschichte.“
Wie liefen die Planungen ab?
Polsky: „Vom Drehbeginn bis zur Fertigstellung des Films brauchte ich zwei Jahre. Aber es fühlte sich an wie 20. All diese zermürbenden Tage im Schnittraum, in denen ich mir das Hirn zermartert habe.“
Welche Unterstützung bekamen Sie von offiziellen Stellen, um vor allem das Original-Filmmaterial aus Russland zu bekommen?
Polsky: „Die offiziellen Behörden wussten nicht, was ich tat. Wenn ich gefragt wurde, sagte ich einfach, dass ich einen Eishockey-Film drehen würde, was ja auch stimmte. Aber Eishockey ist ja nur ein kleiner Teil des Films. Vielmehr benutzt der Film Hockey, um von einer großen dramatischen Geschichte von Menschen, einem Land und einer Zeit zu erzählen.“
Der Film ist aber auch eine Demontage des erst kürzlich verstorbenen Viktor Tikhonov oder sehen Sie das anders?
Polsky: „Ich glaube nicht, dass je irgendjemand beim Gedanken an Tikhonov einen netten Menschen vor Augen hatte. Ich habe einfach die Geschichte erzählt. Er war dafür gemacht, der große Bösewicht zu sein. Er war ein Typ, der es geliebt hat, die Lorbeeren einzustreichen. Aber war der Erfolg ihm zu verdanken? Haben die Spieler wirklich auf ihn gehört? Waren es sein Stil und seine Vision, die solche Eishockeykunst hervorbrachten? Nein. Er war herausragend in seiner Unbarmherzigkeit, ein kommunistischer Bürokrat, wie es schien.“
Der Film ist nicht nur für reine Eishockey-Fans gedreht worden, oder?
Polsky: „Ich habe den Film nicht ein einziges Mal einem Sport- oder Eishockeyfan gezeigt, bevor ich nicht fast fertig war. Ich wollte sichergehen, dass der Film vor allem auf der emotionalen und der narrativen Ebene funktionierte. Ich habe selbst Eishockey gespielt und beschäftige mich viel mit Sport. Ich wusste, wenn mir der Film gefällt, würde er Eishockeyfans auch gefallen, um die machte ich mir keine Sorgen.“
Wem wollen Sie mit dem Film einen Spiegel vorhalten?
Polsky: „Menschen und dem allgemeinen Streben der Menschheit, dem Russland von gestern, heute und der Zukunft, der Sowjetunion und ihren Erfolgen und Niederlagen, wahrer Freundschaft und Verrat und der russischen Seele.“
Welchen kommerziellen Erfolg erwarten Sie von der Dokumentation?
Polsky (augenzwinkernd): „Kennen Sie eine Person, der der Film nicht gefällt?“
Interview: Peter Schnettler/EishockeyNEWS