Thomas Holzmann: "Wie Petr Cech bis zum Karriereende mit meinem Spezialhelm"

Ende Februar erlitt Thomas Holzmann im Punktspiel gegen Wolfsburg eine Schädelfraktur. Im Interview mit dem Panther-Magazin „INSIDE“ erzählt der Stürmer, wie er die Szene erlebt hat, wie die Reha und die Sommerpause abliefen, was er sich für die laufende Saison vorgenommen hat und ob er schon konkrete Pläne für die Zeit nach seiner aktiven Karriere hat.

Thomas, wie geht es dir heute und wie fühlst du dich?

Mir geht es echt gut. Auch bezüglich meiner Kopfverletzung ist alles in Ordnung, darauf spielt ihr ja sicher an.

Spürst du die Narbe eigentlich noch?

Das auf jeden Fall. Zum einen meine ich zu spüren, wenn das Wetter umschlägt, aber das ist ja, glaube ich, bei jeder Narbe so und für mich auch nichts Neues, da ich im Laufe meiner Karriere ja nun schon ein paar Verletzungen davongetragen habe. Dann ist es natürlich so, dass die Narbe doch ziemlich groß ist - das heißt man merkt es schon, wenn man mehrere Stunden am Tag trainiert und Druck darauf ausgeübt wird. Ich habe auch kein Kopfweh oder sonstige Beschwerden.

Thomas, kannst du noch einmal erklären, wie du die Szene Ende Februar erlebt hast?

Wie es während des Spiels zu der Situation kam, kann ich leider gar nicht mehr beschreiben - das ging in der Hitze des Gefechts alles viel zu schnell. Irgendwie wurde ich wohl mit der Kufe am Kopf getroffen und musste dann vom Eis. Anfangs dachte ich noch, dass ich eine Gehirnerschütterung habe, weil mir ziemlich der Schädel brummte. Als ich dann aber ein komisches Pfeifen auf dem Ohr hatte, wusste ich, dass irgendetwas nicht passen konnte.

Thomas Holzmann

"Das sah schon richtig übel aus und mir wurde zum ersten Mal das Ausmaß der Verletzung bewusst."

Wie lief die ärztliche Versorgung im Anschluss daran ab?

Im Stadion hat mich der Teamarzt der Wolfsburger untersucht, der aus meiner Laiensicht auch super gehandelt hat. Er hat ein paar Tests durchgeführt, mir den Kopf abgetastet und dann wusste er auch recht schnell, dass ich doch besser in eine Klinik sollte. Also kam ich nach Wolfsburg ins Krankenhaus und sollte da dann auch über Nacht bleiben. Nachdem aber Röntgenaufnahmen gemacht wurden, wurde ich in die Klinik nach Braunschweig transferiert. Auch dort hat man wieder Röntgenbilder gemacht und auch dort war der ursprüngliche Plan, dass ich auf der Intensivstation bleibe, was mir in dem Moment nicht richtig einleuchtete, weil das Pfeifen im Ohr wieder weg war und es mir auch sonst deutlich besser ging. Als die Röntgenbilder dann allerdings fertig waren, musste ich weiter in eine Spezialklinik. Zu dem Zeitpunkt war mittlerweile auch Beamer (A.d.R. Duanne Moeser) vor Ort und ich sah dann zum ersten Mal die Röntgenaufnahmen. Das sah schon richtig übel aus und mir wurde zum ersten Mal das Ausmaß der Verletzung bewusst. In dem Moment war ich richtig froh, dass Duanne da war – das hat mir ziemlich geholfen, weil er auch ständig mit meiner Frau in Kontakt war und dann auch nachts im Krankenhaus geblieben ist.

Wie genau muss man sich die Verletzung vorstellen und was wurde bei der OP gemacht?

Ich glaube, ein ganz guter Vergleich ist ein Golfball, der quasi im Schädel stecken geblieben ist, und eine Beule nach innen drückt. Das passt auch von der Größe ganz gut. Letzten Endes wurde der Schädel dann laienhaft gesprochen „ausgebeult“ und anschließend kamen fünf Schrauben rein. Glücklicherweise lösen die sich aber komplett auf. Das heißt, ich muss keine weiteren Operationen über mich ergehen lassen.

Nach so einer schweren OP verändert sich natürlich vieles. Hattest du da arge Einschränkungen?

Was einen anfangs am meisten mitnimmt, ist natürlich die OP an sich. Jeder, der schon mal unter Narkose operiert wurde weiß, dass einem das auch körperlich richtig zu schaffen macht. Was dann auch noch dazu kam, war die Tatsache, dass ich direkt im Anschluss an die OP auch leichte sprachliche Probleme hatte, was aber auch relativ normal ist, weil ja doch durch die OP und die Schwellungen Druck aufs Gehirn ausgeübt wird. Die ersten vier bis fünf Tage waren ehrlich gesagt auch die schlimmste Zeit. In den ersten drei Tagen war ich komplett ans Bett gefesselt und konnte gar nichts machen und am vierten Tag bin ich dann mal drei Meter gelaufen, war aber im Anschluss daran total platt. Aber von da an ging es stetig bergauf und ich konnte immer mehr Sachen machen. Am meisten genervt hat mich wahrscheinlich die Tatsache, dass ich nicht aus dem Bett durfte. Das war für mich schon immer das Schlimmste und wird es auch bleiben. Wenn ich ans Bett gefesselt bin und nichts machen kann – da fällt mir die Decke auf den Kopf.

Thomas Holzmann

"In den ersten drei Tagen war ich komplett ans Bett gefesselt und konnte gar nichts machen und am vierten Tag bin ich dann mal drei Meter gelaufen, war aber im Anschluss daran total platt."

Wann kam deine Frau dann zu dir?

Die hat sich quasi direkt nachdem sie die Info bekam auf den Weg gemacht und war auch am ersten Tag bei mir. Alleine wäre ich in der Situation wahrscheinlich auch durchgedreht. Man liegt da mit mehreren Leuten auf einem Zimmer – die es teilweise noch deutlich schlimmer erwischt hat als mich – und wird 24 Stunden am Tag überwacht. Ich war wirklich heilfroh, als ich das erste Mal meine Frau gesehen habe. Obwohl sie nicht bei mir im Zimmer übernachten konnte, tat das schon gut, auch wenn man ehrlicherweise sagen muss, dass ich die ersten zwei Tage wahrscheinlich nicht gerade der beste Gesprächspartner war (lacht). Da hat es keine fünf Minuten gedauert und ich habe wieder geschlafen. Nach drei bis vier Tagen hat sie mir auch mal von außerhalb Essen gebracht, was natürlich eine tolle Abwechslung zur doch eher monotonen Verpflegung im Krankenhaus ist. Allerdings hast du nach so einer OP im kompletten Kopf- und Kieferbereich Schwellungen und kannst somit auch dieses Essen nicht so richtig genießen.

So eine OP hinterlässt bestimmt auch äußerlich Spuren?

Die Narbe habe ich ja schon angesprochen und direkt nach der OP war auch der komplette Schädel kunterbunt. Ich hab mir das aber nie im Spiegel angesehen. An der Stelle der Narbe war ein relativ großes Pflaster und als mir die Schwester das zum ersten Mal abgemacht hat, hat sie mich auch gefragt, ob ich die Stelle sehen will – ich habe aber dankend abgelehnt (grinst).

Wie ist bei dir dann die Sommerpause abgelaufen?

Zuerst war ich drei Wochen auf Reha und bekam da schon Besuch von Duanne und auch von Sven Herzog, unserem Fitnesscoach. Mit dem stand ich dann auch den kompletten Sommer über in Kontakt und habe nach seinen Vorgaben trainiert. Letzten Endes war ich ja auch den ganzen Sommer in Augsburg und habe auch bis vor kurzem bei Pro Aktiv in Gersthofen meine Ergotherapie gemacht. Eigentlich kann man sagen, dass ich mit Beginn der Reha mein Training - natürlich immer unter Aufsicht – immer weiter gesteigert habe. Seit Juni habe ich dann auch wieder voll trainiert und seitdem wieder den gleichen Trainingsplan wie jeder andere auch. Allgemein muss ich hier auch nochmal das komplette On- und Off-Ice-Team der Panther hervorheben, die wirklich allesamt einen hervorragenden Job machen. Das fängt bei Duanne Moeser an, der mich in der Reha besucht hat, das geht bei Sven Herzog weiter und hört bei den Physiotherapeuten auf. Ansonsten war ich mit meiner Frau noch zwei Mal kurz im Urlaub, einfach weil man auch mal raus kommen muss und etwas Abwechslung braucht. Wir waren dann unter anderem in Lido di Jesolo am Meer und haben auch mal einen Tagesausflug nach Venedig gemacht. Gerade nach so einer Saison muss man auch mal auf andere Gedanken kommen, auch wenn ich sagen muss, dass vier Monate Sommerpause definitiv zu lang sind.

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Du spielst mittlerweile mit einem Spezialhelm. Wie muss man sich das vorstellen?

Ich bin zum Sanita Gesundheitshaus gegangen und hatte mit deren Orthopädietechnikermeister Hr. Roncador einen überaus engagierten Ansprechpartner. Er hat letzten Endes für mich eine Speziallösung entwickelt, in der Teile der Innenpolsterung aus dem Helm entfernt werden und durch mit Luft gefüllte Polster ersetzt werden, damit die auf den Schädel wirkenden Kräfte besser abgefedert werden können. Bislang bin ich rundum zufrieden und wer weiß, vielleicht spiele ich ja wie Petr Cech bis zum Karriereende mit „meinem“ Spezialhelm.

Aufgrund der Schwere der Verletzung: Macht man sich da auch Gedanken über ein mögliches Karriereende?

Ehrlich gesagt habe ich daran keinen einzigen Gedanken verschwendet, wobei da der Zeitpunkt der Verletzung schon hilfreich war. Ende Februar, da hat man, auch wenn man in die Playoffs kommt, maximal noch zehn bis 15 Spiele. Mir war in dem Moment klar, dass ich in dieser Saison nicht mehr spielen kann und ich habe noch nicht an die nächste Saison gedacht. Vielleicht hätte es psychologisch etwas anders ausgesehen, wenn man die Verletzung schon im November erlitten hätte, weil man dann einen Großteil der Saison verpasst und dann erst mal eine lange Sommerpause hat, in der man viel nachdenken kann. So war aber bei mir der erste Gedanke: „Wann kann ich wieder spielen?“, nicht ob ich überhaupt wieder spielen kann. Aber ich denke, das hat wahrscheinlich jeder Eishockeyspieler in sich. Nichtsdestotrotz gibt so eine Verletzung einem schon einen Anlass, um mal darüber nachzudenken, was man eigentlich nach der Karriere machen will.

Gibt es bei dir da schon konkrete Pläne?

Ich habe letztes Jahr an der IST-Hochschule in Düsseldorf ein Fernstudium im Bereich Sportmanagement begonnen. Das ist eine ziemlich renommierte Fernuni, die bereits 25 Jahre am Markt ist und an der auch viele Eishockeyprofis studieren. Auch Thomas Eichin von den Münchner Löwen hat dort seinen Abschluss gemacht. Die sind unter anderem auf Sportler spezialisiert und lassen einem deswegen auch die Zeit, die man benötigt, um das Studium ordentlich durchzuziehen. Dennoch hänge ich jetzt natürlich aufgrund der Verletzung etwas hinterher.

Weißt du schon, was du mit dem Abschluss nach der Karriere machen möchtest?

Grundsätzlich kann ich mir alles vorstellen. Im Moment schwebt mir aber vor, dass ich mich im Bereich Athletenmanagement betätige, Wenn man selbst Profisportler ist, weiß man ja aus erster Hand, was so die Probleme sind, die sich im Laufe einer Spielerkarriere ergeben. Ich fände das ganz interessant, mit dem Wissen aus meiner aktiven Laufbahn sowie den dort gewonnenen Erkenntnissen, Athleten zu betreuen. Der Lehrplan ist auch relativ breit gefächert: Marketing, Sportsponsoring, Sportpsychologie, Rechnungswesen, Athletenvermarktung, Vertragsrecht, digitale Medien - da wird wirklich alles gelehrt, was man sich nur so vorstellen kann.

Kommen wir zum Abschluss noch einmal zum Sportlichen zurück. Gib uns doch mal einen kurzen Rückblick wie du persönlich die letzte Saison gesehen hast und was du in der laufenden Saison erwartest.

Ich habe es ja vorhin schon kurz angesprochen. Die Sommerpause war definitiv zu lang und das will niemand im Verein auch dieses Jahr erleben müssen – dafür ziehen wir auch alle an einem Strang und ich bin der festen Überzeugung, dass wir dieses Jahr die Playoffs schaffen. Persönlich habe ich die letzte Saison trotz der Verletzung in positiver Erinnerung behalten, da ich schon seit langem nicht mehr so viel Spaß beim Eishockey hatte. Auch wenn es mal nicht so lief, hat es innerhalb des Teams trotzdem gepasst. Und wie bereits erwähnt, ist auch das Team neben dem Team ein großer Grund dafür, dass ich wieder richtig viel Spaß am Eishockey gefunden habe. Diese Saison will ich persönlich direkt von Anfang an wieder Verantwortung übernehmen. Wir werden auf jeden Fall ein fittes Team haben, ein Team das schneller spielt als letztes Jahr und ein Team, das um jeden Preis die Playoffs erreichen will.

Quelle: Augsburger Panther / Magazin"INSIDE"

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